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Thomas Akvinas
Studia Neoaristotelica

VORWORT

In der Tschechischen Republik erscheinen gegenwärtig mehrere philosophische Fachzeitschriften. Und auch darüber hinaus gibt es in einer ganzen Reihe anderer Periodika gelegentlich die Möglichkeit, philosophische Fragen zu erörtern. Zahl und Umfang dieser Publikationen scheinen für die tschechischen Verhältnisse völlig ausreichend zu sein. Die Veröffentlichung einer neuen Zeitschrift, wie wir sie vorhaben, muss also einen besonderen Grund haben, den ich an dieser Stelle gern einleitend erläutern würde.

Die in Tschechien bereits erscheinenden philosophischen Fach-zeitschriften sind durchweg Sprachrohr bestimmter akademischer Institutionen. Sie dienen der Präsentation der dort geleisteten wissenschaftlichen Arbeit, die in der heutigen Zeit inhaltlich und methodisch in unterschiedliche Richtungen strebt. Damit hängt zusammen, dass diese Zeitschriften keine klar umrissene philosophische Ausrichtung haben. Die Entwicklung der philosophischen Arbeit nach 1989 hat in Tschechien jedoch offenbar unter anderem dazu geführt, dass sich nach einer überwiegend rezeptiven Phase nun allmählich verschiedene Strömungen herausbilden. Dies ist ohne Zweifel eine gesunde Entwicklung. Damit solche Gruppen ihre eigenen Standpunkte vertiefen, sie der Fachöffentlichkeit präsentieren und sich möglichst systematisch mit den Anstößen, die von außen kommen, auseinandersetzen können, dafür kann das Herausgeben einer eigenen Zeitschrift mit einer spezifischen Thematik sicherlich von Nutzen sein.

Die Redaktion der neuen Fachzeitschrift Studia Neoaristotelica besteht aus einer Gruppe von Lehrern der Philosophie, von denen die meisten dieses Fach an den katholischen theologischen Fakultäten in der Tschechischen und Slowakischen Republik unterrichten. Diese Gruppe verbindet das Interesse an Problemen der zeitgenössischen philosophischen Logik, Ontologie und Metaphysik und darüber hinaus die Überzeugung, dass bei der Lösung der Fragen, die sich auf diesem Gebiet erheben, sehr fruchtbar und nützlich ist, von den aristotelischen Prinzipien auszugehen. Diese Überzeugung ist bei ihnen mit dem Bestreben verbunden, auf den aristotelischen Grundlagen eine Metaphysik zu konzipieren, die, was Inhalt und Präsentation anbelangt, den Bedürfnissen der heutigen Zeit entspricht. Im Bemühen, dieses Ideal zu erreichen, stützen sie sich auf zwei verschiedene Quellen.

Eine von ihnen ist die analytische Philosophie der Gegenwart. Dies könnte den einen oder anderen Leser überraschen, denn diese Philosophie wird häufig für nichtmetaphysisch oder sogar antimetaphysisch gehalten. Diese Ansicht ist jedoch unzutreffend. Denker wie B. Russell oder G. E. Moore, die als Begründer dieser Richtung im angelsächsischen Raum gelten, waren zwar Gegner der Metaphysik, lehnten sie aber keineswegs pauschal ab, sondern nur den damals in ihrer Umgebung vorherrschenden Hegelianismus. Eine grundsätzliche Ablehnung der Metaphysik meldete sich nur vorübergehend und erst in der zweiten Phase der Entwicklung der analytischen Philosophie zu Wort, und zwar im Zusammenhang mit dem Neopositivismus des sog. Wiener Kreises. Das Bemühen um die Durchsetzung der sog. Verifikationsprinzp der Bedeutung führte hier, insbesondere zu Beginn, in der Tat zu der Ansicht, dass Sätze metaphysischen Inhalts unsinnig seien und dass sie bestenfalls, wie eine Art Interjektion, subjektive seelische Erlebnisse des Metaphysikers zum Ausdruck brächten. Diese extreme Ansicht wurde jedoch von den Neopositivisten selbst Anfang der 50er Jahre relativiert. Der anschließende Verfall des Neopositivismus ist bekanntlich auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zu den wichtigsten gehören das Fallenlassen der Vorstellung, dass die natürliche Sprache mit Hilfe einer künstlichen Sprache der Logik korrigiert werden muss, und der Übergang zu einer logischen Untersuchung der natürlichen Sprachen, die Verwischung des für den Positivismus wichtigen Unterschieds zwischen Analytischem und Synthetischem, die Erforschung unseres sog. Begriffsschemas, die Herausbildung des Essentialismus (grob formuliert der Ansicht, dass das Seiende, um das zu sein, was es ist, einige Eigenschaften notwendig haben muss) u.a. Im Ergebnis dieser teilweise widersprüchlichen Entwicklung ist die Metaphysik heute im Rahmen der analytischen Philosophie eine etablierte Disziplin, die nicht nur durch eine große Zahl spezieller Arbeiten, sondern inzwischen auch durch eine ganze Reihe von Lehrwerken oder enzyklopädischen Publikationen das Interesse auf sich zieht. In den Werken der Vertreter dieser neuen Metaphysik tauchen häufig Gedanken auf, die stark an Aristotelés erinnern, und einige analytische Autoren bekennen sich sogar ausdrücklich zum geistigen Erbe des Aristoteles bzw. zu bestimmten Elementen seiner Lehre. Dies sind Tatsachen, denen die an dieser Zeitschrift beteiligten Mitarbeiter bei der Verwirklichung ihres eigenen, auf den aristotelischen Prinzipien beruhenden Programms Beachtung schenken wollen.

Die zweite Quelle, auf die sich die Mitarbeiter dieser Zeitschrift stützen, ist natürlich Aristoteles selbst, und selbstverständlich auch die an sein Werk anknüpfende, mehr als 2000-jährige Tradition der aristotelischen Schulen. Wegen des großen Umfangs dieser Quelle muss hier natürlich eine Auswahl getroffen werden. Die Redaktionsmitglieder verbindet das Interesse an der sog. "zweiten Scholastik". Darunter verstehen wir einen christlich orientierten Aristotelismus, dem man sich an den europäischen (und später auch südamerikanischen) Universitäten ungefähr (d.h. abgesehen von regionalen Unterschieden) von der Mitte des 15. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts widmete. Das Interesse der bisherigen Historiographie über die betreffende Zeit konzentrierte sich nahezu ausschließlich auf die "neuzeitliche" Philosophie im engeren Sinne des Wortes mit ihren bekannten Protagonisten wie R. Descartes, F. Bacon usw. So kam es, dass die zweite Scholastik aus dem historischen Bewusstsein der Gebildeten unserer Zeit, (und oft auch aus dem Bewusstsein der ausgebildeten Philosophen) fast völlig verschwunden ist. Ihr Studium, das eine nicht geringe kulturhistorische Bedeutung hat, steckt heute noch in seinen Anfängen. Das Interesse der Autoren, die sich um die neue Zeitschrift über die zweite Scholastik gesammelt haben, ist jedoch weniger historisch als vielmehr systematisch. Die großen Vertreter der zweiten Scholastik waren meist keine so genialen Autoren wie ihre mittelalterlichen Meister. Ihre Bedeutung besteht vielmehr darin, dass sie das gedankliche Erbe der vorangegangenen Epoche, verbunden mit Namen wie Thomas von Aquin, Johannes Duns Scotus, Wilhelm von Ockham u.a., zu einem bis ins Detail ausgearbeiteten Gesamtsystem zusammenfügten. Das erforderte eine grundlegende Verfeinerung des verwendeten Begriffsapparates, eine sorgfältige logische Überprüfungen der Argumente, die von den älteren Autoritäten oft nur angedeutet worden waren, die Ableitung neuer Schlussfolgerungen aus bereits früher aufgestellten Prinzipien u.ä. Für die unterschiedlichen Versionen des Aristotelismus, die sich so herausbildeten, ist in diesem Zusammenhang eine in gewisser Weise technische Art der Darstellung charakteristisch. Diese unterscheidet die Autoren der zweiten Scholastik auf der einen Seite deutlich von den Vertretern der neuzeitlichen Philosophie im engeren Sinne (bekanntlich werden die Werke dieser Denker neben ihrer philosophischen Bedeutung oft auch als Bestandteil des nationalen Literaturguts gewertet), auf der anderen Seite nähert sie jedoch die zweite Scholastik dem Stil der Metaphysik an, wie er heute im Rahmen der analytischen Philosophie üblich ist. Diese methodische und inhaltliche Verwandtschaft beider Richtungen, der historischen und der zeitgenössischen, kann, wenn man sich heute mit ihnen befasst, trotz aller unbestrittenen Unterschiede – oder vielleicht gerade wegen ihnen – philosophisch inspirativ wirken. Eben dies möchten sich die Mitarbeiter, die sich in der Redaktion dieser neuen Zeitschrift zusammengefunden haben, in ihrem Bemühen um das oben beschriebene philosophische Ziel zunutze machen.

Das hier Angeführte kann vielleicht an dieser Stelle zur Charakterisierung der philosophischen Ausrichtung unserer Zeitschrift genügen. Es handelt sich um ein klar umrissenes Programm, was freilich nicht bedeuten soll, dass der Inhalt der Zeitschrift monoton sein wird. Es ist unser Ziel, in Studia Neoaristotelica sämtliche Fachbeiträge, die uns angeboten werden, zu veröffentlichen, sofern sie aus unserer Sicht interessant sind. Interessant in diesem Sinne können selbstverständlich Beiträge verschiedener Ausrichtung sein, einschließlich solcher, die zu unserem philosophischen Programm im Widerspruch stehen.

Die Zeitschrift Studia Neoaristotelica, deren erste Nummer Sie in Händen halten, ist – wie aus der Zusammensetzung der Redaktion ersichtlich – eine tschechische und zugleich auch slowakische Zeitschrift. Sie wird zweimal pro Jahr erscheinen. Ihre Herausgeber werden sich redlich darum bemühen, dass ihre Existenz in erster Reihe zum Reichtum und zur Vielfalt des geistigen Lebens unserer beiden Nationen beiträgt. Wir veröffentlichen diese erste Nummer in dem Vertrauen, dass sie von der gelehrten Öffentlichkeit – auch von denjenigen, die unsere Ansichten nicht teilen – mit Entgegenkommen und Verständnis aufgenommen wird.

Stanislav Sousedík
Redaktionsleiter


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